Ich gestehe es an dieser Stelle: ich bin ein Zugereister und kein gebürtiger Hannoveraner. Im zarten Alter von sieben Jahren kam ich 1966 in die niedersächsische Landeshauptstadt. Fotografisch noch unbedarft (also ohne Kamera), gibt es also aus diesen Jahren nichts zu dokumentieren.

Meinen ersten Kontakt zum hannoverschen Messebahnhof hatte ich um 1968. Zwei Jahre zuvor waren meine Eltern von Helmstedt nach Hannover gezogen; auf dem Messebahnhof fand eine Eisenbahn-Ausstellung statt. Mein Vater fotografierte mich mit dem “Adler” (und verwackelte das Ganze) sowie vor einem VT 11.5 und auf der 45 010. In meiner Erinnerung geistert herum, daß auch sowas wie die 10 001 dort stand und eine E 69. Vermutlich fand die Ausstellung im März ‘68 statt: im EK-Einheitsellok-Band 1 findet sich eine Aufnahme mit V 200 029, E 10 377 und 10 001. - Im Hintergrund der 45er scheint auch eine Lok der BR 18 zu stehen (Ausflug des BZA Minden mit 18er und 45er??). Aber mein Vater war damals nicht gerade eisenbahnbegeistert, auf so einem Schwarz-Weiß-Rollfilm waren nur 12 Aufnahmen drauf und das alles kostete schließlich Geld. Und mit neun Jahren hatte man seinerzeit halt noch keinen eigenen Knipsomat (Fisher-Price kam erst Jahre, besser: Jahrzehnte später!).

VT11_5
45er

Ja - und dann schlummerte das Ganze erstmal wieder. Als ich Anfang der 70er die alte Agfa meines Vaters bekam, eröffneten sich erste fotografische Möglichkeiten. Da aber alles manuell einzustellen war und absolut noch keine Kenntnisse über die Abhängigkeit von Verschlusszeit in Verbindung mit der Geschwindigkeit des aufzunehmenden Objekts vorhanden waren, gab es so manche verschwommene Lok. Das bei schlechtem Wetter eine offenere Blende von Vorteil ist, mußte auch erst noch gelernt werden.

Verbessert werden sollte das Ganze einige Zeit später durch eine sogenannte Pocket-Kamera von Agfa (Werbung: ritsch-ratsch-klick), die zumindest so was Ähnliches wie eine Automatik hatte (Einstellungen: Sonne-leicht bewölkt-stark bewölkt). Nachteilig wirkte sich das Filmmaterial aus: Streuselkuchen erschien feinporig gegen das Filmkorn der Pocket-Filme.

In diese Zeit fiel eine Leistungsschau der DB am 06./07. Dezember 1975 aus Anlaß “140 Jahre Eisenbahnen in Deutschland”. Die Fotos wirken aus heutiger “digitaler” Sicht scheußlich, waren aber meine ersten eigenen Aufnahmen im Messebahnhof.

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050 578 vom Bw Lehrte; die restlichen Bilder gibt´s unter “Ausstellung 1” (oder HIER klicken)

Besser wurde die Aufnahmen mit der neueren Agfa meines Vaters, ohne daß sich aber herausragende Motive ergaben. Außerdem blieb mir in den Folgejahren der Zugriff auf die “gute” Kamera meines Vaters verwehrt: “Du hast selber zwei Kameras!” - Ja, aber was für welche?!? -

Ende 1978 dann - also gerade `rechtzeitig´ nach dem Ausscheiden der DB-Dampfloks aus dem Plandienst - erhielt ich meine erste Spiegelreflexkamera, die nach einigem Probieren dann doch deutlich bessere, wenn auch nicht immer gute, Fotos auf´s Papier brachte. Was aber jetzt nicht hieß, daß zu den Industriemessen in Hannover regelmäßig auf dem Messebahnhof herumstromerte. Ich nutzte vielmehr eine Dauerkarte meines Vaters zum Besuch des Messegeländes und bestaunte Kräne, Bagger, LKW´s und was die Industrie sonst noch bot (damals gab es wenigstens noch was für´s Auge auf dem Gelände) oder stand mir am mit -zig anderen bei Krupp die Beine in den Bauch, um ein kochendheisses, frischgepresstes Plastiktablett zu erstehen.

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Da machte Bahnfahren noch richtig Spaß: im Seitengang am offenen Fenster lungern....

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“Fotografieren Sie uns doch auch mal” - Strahlemann freut sich, zwei anderen ist es doch eher unangenehm....

Erst im Laufe der 80er Jahre lernte ich den Messebahnhof zu richtig schätzen. Waren alle Züge angekommen, alle Rangierfahrten erledigt, trat bis zur Rückfahrt der ersten Züge eine doch mehrstündige Betriebsruhe im Messebahnhof ein, in der man in aller Ruhe über die Bahnsteige schlendert und seinem Hobby nachgehen konnte. Durch alte D-Zugwagen konnte man ebenso wie durch einen ICE gehen; kam man mit einem Lokführer ins Gespräch, war auch ein Besuch im Führerstand mit drin.

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Buckelspeisewagen eines ICE 1

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Führerstand eines ICE 1

Und heute? Vorbei das Ganze! Mehr oder weniger kurze Halte im neuen Messe-Durchgangsbahnhof; auch die speziellen Messe-Sonderzüge kommen im Prinzip nur noch zum Be- oder Entsteigen.

Nachfolgend einige Aufnahmen der örtlichen Gegebenheiten (wie sie mal waren) oder von noch bestehen- den “Resten”.

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Verbindungsgleis aus dem Bf Hannover-Wülfel zum Messebahnhof; Bahnübergang Ulmer Str.; das gelbe Gebaude links beherbergte zu Messezeiten die Rangierer (07.04.1981)

Einfahrt des Messebahnhofs mit den charakteristischen Quertragewerken der Oberleitung

Messebahnhof vo thm

Blick vom “Hermesturm” in nördliche Richtung auf den Messebahnhof (08.04.1989)

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Blick auf das Empfangsgebäude

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Kopfteil des Messebahnhofs

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Abschied vom Messebahnhof mit 01 150

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Das gläserne “Empfangsgebäude”

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Schiene_1thm
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Sicherheit wurde im Messebahnhof großgeschrieben: es wurden alle Mittel eingesetzt, um den genauen Abstand zwischen Bahnsteig und Gleis einzuhalten          ;-))))

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Während der großen Messen standen im Messebahnhof häufig Schlafwagen als Hotelzug abgestellt. Die Infrastruktur des Messebahnhofs ließ dies zu: zwischen den Gleisen lagen z.T. Anschlüsse, in die das Schmutzwasser abgeleitet werden konnte.

Schlafwagen vor EGthm
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Schlafwagen_Entsorgung_2thm

Eine kleine Geschichte am Rande: am Bahnübergang “Karlsruher Straße” gab es auf der nördlichen Gleisseite eine Wiese, auf der man es sich relativ gut fotografieren ließ (besonders die nachmittags ausfahrenden Züge). Hier befanden sich ehemals auch die Weichen, von denen die Anschlussgleise gen Spedition Nelke (bzw. Bosch/Grundig) und zum Großmarkt (Ratio) abgingen (quasi “Spitzkehre” im Messebahnhof, um diese Anschlüsse befahren zu können). In Höhe der Weiche zur Sped. Nelke wuchs ein kleiner, aber dornenbewehrter Busch. Und direkt an diesem Busch stand dieses Schild: “Halt für Bundesbahn-Dampflok”. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich an diesem Schild stand und mir überlegte, es abzubauen und zu Hause an der Zimmerwand vor den Witterungsunbilden zu schützen. Aber irgendwie habe ich mich nie getraut - scheinbar aber auch kein anderer. Denn über die Jahre hinweg stand dieses Schild dort und rostete immer stärker vor sich hin.

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Schild 0383thm
Schild 201002thm

Bei einem erneuten Besuch im Oktober 2002 stand ich wieder auf der Wiese und betrachtete die Rest des Abschlussgleises. Und dort - mitten in diesem Riesenbusch machte ich ‘mein’ Schild wieder aus - nun aber restlos verrostet und absolut unleserlich. Aber ein Erinnerungsfoto war es mir denn dann doch wert....

Zwei Jahre nach der EXPO und völliger Neugestaltung erinnert nur noch wenig an den ehemaligen Messe- bahnhof. Noch liegen einige Teilstücke der ehemaligen Anschlussgleise ins Gewerbegebiet - aber es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch diese Zeugen des Bahnanschlusses verschwunden sein werden.

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Hannover-Wülfel: Blick auf den BÜ Ulmer Straße mit Verbindungsgleis zum Messebahnhof

Dieselbe Blickrichtung, aber genau auf dem BÜ stehend:im Hintergrund war zu EXPO-Zeiten der Bahnsteig des Terminal B aufgebaut

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Immer noch auf dem BÜ stehend, jetzt aber in die Gegenrichtung geblickt: rechts das “Messegleis”, links durch das Tor ging es zur Spedition Nelke

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Hier lag einmal die Weiche ins Gewerbegebiet bzw. zum Großmarkt / Ratio; rechts das Signal gehört zu BÜ Ulmer Str. in Hannover-Wülfel.

Die Aufnahme unten zeigt das andere Anschlussgleis, dass in Richtung Fa. Nelke bzw. Bosch/Grundig führte.

Ratio 2thm
Verbindungsgleis Messe_Nelkethm
D26457 Anschlussthm D26456 Anschluss 2thm

Reste der Anschlussgleise zum Gelände des ehem. Ratio-Großmarktes (heute: NOVO), Zustand vom 20.09.1998; links sind im Hintergrund die Oberleitung und das BÜ Signal der Verbindungsstrecke zwischen Messebahnof und Hannover-Wülfel erkennbar; rechts der Verlauf ins Gewerbegebiet - unschwer lässt sich die heutige Nutzung der asphaltierten Anlage erkennen...

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Foto links: hier verlief früher das Verbindungsgleis durch die Halle 24 auf das Messegelände; Foto rechts: die Halle 21 - hier war der Zugang direkt vom Messebahnhof, der sogenannte Eingang “Messe-West”. Dort wo Bäume und Zaun stehen, befand sich die Empfangshalle des Messebahnhofs (20.10.2002)

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323 113 in der Einfahrt der Halle 24 - hier konnten Waggons direkt in die Messehalle und weiter auf’s Messegelände verfahren werden (29.03.1989).

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